Offener Brief zur aktuellen Diskussion über Zwangsregistrierung in der TAZ

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Ich habe mir den Artikel der Taz und auch die unten stehenden Kommentare durchgelesen und muss zugeben, ich kam nicht umhin, der Taz-Redaktion einen Brief zu schreiben. Dieser wird zwar definitiv nicht veröffentlicht aber vielleicht hat die Taz ja Interesse daran, einen weiteren Artikel zu schreiben, in dem Sexworker/innen ihre Stimme erheben können.

Hier mal das was ich der Taz habe zukommen lassen:

Sehr geehrte Taz-Redaktion, sehr geehrte Frau Schmollack,

ich habe mir den oben genannten Artikel durchgelesen und würde gerne, da ich als Sexworkerin selbst von diesem geplanten Gesetz betroffen bin, ein Statement abgeben.

Auch wenn ich es gut finde, dass über Sexworker/innen berichtet wird (und wenn es sich dabei eben nur indirekt um einen Artikel über Sexworker/innen handelt), bin ich nicht damit einverstanden, wenn mit zu wenigen Informationen berichtet wird.

Wie man anhand der, unter dem Artikel stehenden, Kommentare sehen kann, gibt es noch viele Vorurteile und Irrglauben.

Natürlich sind wir dazu verpflichtet, unsere Einnahmen zu versteuern und dies geschieht auch in den meisten Fällen. Schwarze Schafe mag es auch unter den Sexworker/innen geben, dies ist aber nur ein geringer Prozentsatz.

Ich hätte Ihren Artikel somit mehr geschätzt, wenn in diesem der Unterschied zwischen Steueranmeldung und Zwangsregistrierung erklärt worden wäre. Das eine hat mit dem anderen nämlich gar nichts zu tun, da wir bereits VOR dem ProsGes von 2002 steuerpflichtig waren.

Bei der Zwangsregistrierung geht es in erster Linie darum, ein Bewegungsprotokoll aller Sexworker/innen erstellen zu können. Dies hat nicht nur das Zwangsouting zur Folge sondern auch ständige Kontrollen, die auch in den privaten Wohnungen der Sexworker/innen statt finden können.

Da sich Frau Schwesig leider grundsätzlich nur mit Sexworker/innen beschäftigt, die aussteigen wollen, hat Fr. Schwesig wohl leider noch nicht mitbekommen, dass viele von uns (ein sehr hoher Anteil) den Job des Sexworkers/der Sexworkerin, mit Leidenschaft ausübt und dies auch nicht aufgeben möchten.

Dies wird aber kaum noch möglich sein, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, denn nicht nur wir werden für jeden “gläsern”, sondern auch unsere “Liebhaber auf Zeit” müssen durch dieses Gesetz fürchten, jederzeit als “Freier” geoutet werden zu können.

Mir stellt sich da als Sexworkerin aber auch als Frau, als Mensch die Frage: Wo bleiben da noch die Rechte des Menschen? Wo leiben da noch unsere Bürgerrecht?

“Die Würde des Menschen ist unantastbar”- so steht es im Gesetz.

Heißt dies nun, dass Sexworker/innen keine Menschen sind oder aber das Sexworker/innen keine Würde haben?

Ich hoffe, ich konnte Ihnen bisher einen ungefähren Einblick in das Desaster (denn für alle Sexworker/innen wird dieses Gesetz genau das sein) geben.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Interesse an einem weiteren Artikel hätten, in dem es über uns Sexworker/innen geht.

Natürlich stehe ich Ihnen gerne bei weiteren Fragen und für mehr Informationen zur Verfügung und ich bin mir sicher, dass noch viele andere Sexworker/innen einen Artikel begrüßen und sicher auch gerne an diesem mitwirken würden.

Mit freundlichen Grüßen,

Lily, Sexworkerin aus Heilbronn

 

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