Der Feminismus und ich

 In Beiträge von Außenstehenden, Prostitution Allgemein

Die Kollegen von GayWest haben mich auf sieben interessante Fragen zum Feminismus aufmerksam gemacht, auf die ich- wie Adrian- gerne näher eingehen möchte, zumal so etliche Ausführungen meinerseits in letzter Zeit für einige Irritationen gesorgt haben mögen. Diese Antworten sollen meine eigenen Positionen zu Geschlechterfragen wie Frauen-, Männer- und Gleichstellungspolitik besser darlegen. 

 

1. Welche große Errungenschaft der letzten Welle des Feminismus empfindest Du als wichtig? Welche als überzogen?

Da ich- ehrlich gesagt- nicht wirklich weiß, welche Errungenschaft konkret welcher Welle zuzuordnen ist, beantworte ich die Frage mal ganz allgemein i.S.v. “Welche Errungenschaft des Feminismus empfindest Du als wichtig?”

Da fiele mir so einiges ein: das Frauenwahlrecht, das Recht auf freie Berufswahl (ohne vorherige Erlaubnis des Ehemanns), das Recht ein eigenes Konto eröffnen zu dürfen, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, die Strafbarkeit von Vergewaltigung und sexueller Nötigung in der Ehe, die Straffreiheit eines Schwangerschaftsabbruchs… grob gesprochen also letzendlich alle Reformen, die Frauen endlich als autonome Wesen betrachtet haben, die ihr eigenes Leben frei von paternalistischer Bevormundung durch Väter, Ehegatten oder den Staat leben dürfen.

Als überzogen bzw. besser gesagt vollkommen falsch finde ich die Forderung nach Quoten. Nicht, weil ich gegen “mehr Frauen” in Führungspositionen bin, das fände ich an sich ganz gut, sondern weil der Zweck nicht die Mittel heiligt. Als Liberaler verteidige ich selbstverständlich die Vertragsfreiheit als Grundpfeiler der Marktwirtschaft. Gesetzlich vorgeschriebene Quoten schränken diese Freiheit leider ein. Zudem halte ich Quoten für extrem kontraproduktiv, da Frauen in Führungspositionen unter den Generalverdacht geraten, nur “Quotentussys” zu sein.

Vehement kritisiere ich desweiteren die vorgeschlagene “moralistische” Verbotspolitik mancher Gruppen wie bspw. des nationalen Frauenrats. Ich komme später darauf zurück.

2. Welche feministische Forderung (z. B. einer politischen Partei) der letzten 10 Jahre hättest Du auch noch aus heutiger Sicht voll und ganz unterstützen können?

Der Kampf gegen jegliche Gewalt, sexueller oder anderweitiger Natur, gegen Frauen. Im Besonderen der Kampf gegen Genitalverstümmelung. In Luxemburg vor allem die Forderung nach der Fristenregelung. Ebenso die Forderung, dass die Thronnachfolge nicht ans Geschlecht gebunden sein sollte, solange wir eine Monarchie bleiben. Das Recht frei wählen zu dürfen ob bei einer Heirat die Frau den Namen ihres Ehemannes annimmt oder umgekehrt.

3. Welche aktuellen feministischen Forderungen findest Du richtig?

Die Forderung nach einer rezeptfreien Freigabe der “Pille danach”. Ebenso die Forderung nach einer Zulassung der PID (wobei ich nicht weiß, ob das unbedingt eine feministische Forderung ist, aber in der EMMA wurde diese vehement verteidigt wie ansonsten nur selten im deutschsprachigen Raum).

4. Mit welcher bekannten Feministin glaubst Du, könntest Du ein Bier trinken gehen und Dich mit ihr zivilisiert über Männerpolitik zu unterhalten? Mit welcher Feministin könntest Du das garantiert nicht? Ein Beispiel reicht, gerne aber auch mehr.

Ich glaube grundsätzlich (naiverweise?) daran, dass man mit jedem Andersdenkenden erstmal reden kann, also natürlich auch mit Feministinnen. Bei einer Alice Schwarzer wäre das bei manchen Themen sicher nicht einfach, aber ich würde mich dennoch jederzeit einer solchen Diskussion stellen. Wirklich gerne ein Bier trinken würde ich aber mit Wendy McElroy.

5. Gibt es feministische Gruppen, die Du, evtl. auch nur in Teilen, unterstützen könntest?

Eigentlich gibt es keine (ideologischen) Gruppen, feministischer oder sonstwelcher Natur, die ich wirklich unterstützen kann. Auf einer reinen ad-hoc-Basis ist eine Zusammenarbeit zu bestimmten, konkreten Themen mit diversen Gruppen jedoch jederzeit denkbar. Jedenfalls für mich. Ob jedoch manche Gruppen mit mir zusammenarbeiten wollen würden, ist wiederum eine ganz andere Frage 😉

6. Was ist Deiner Meinung nach der größte Fehler des Feminismus gewesen?

Ich sehe da persönlich drei.

1. Der Irrglauben an Vater Staat.

Die Strafbarkeit der “Vergewaltigung in der Ehe” erforderte natürlich ein Einschreiten des Gesetzgebers, keine Frage, der Staat hat uns vor Zwang und Gewalt zu schützen, aber es sollte NICHT die Aufgabe des Staates sein, Gesellschaftsklempnerei zu betreiben, Bürger zu “erziehen” und dabei leider fortwährend Grundrechte einzuschränken. Die heute dominante Strömung des Feminismus ist leider stark etatistischer Natur. So haben Feministinnen sicherlich Recht, wenn sie frauenfeindliche Aussagen kritisieren, diese strafrechtlich belangen lassen zu wollen, ist jedoch ein für mich nicht hinnehmbarer Angriff auf die Meinungsfreiheit. Die problematischen Quoten als Angriff auf die wirtschaftliche Freiheit habe ich ja bereits kritisiert. Hinzu kommen Verbotsbestrebungen: von (angeblich) sexistischer, “objektifizierender” Werbung über Pornographie bis hin zur Prostitution. Egal, wie man zu diesen Dingen steht (besonders über das in Mainstream-Pornos vermittelte Frauenbild wäre sicher einiges zu sagen), sie einfach verbieten lassen zu wollen, ist einer offenen, pluralistischen Gesellschaft unwürdig. Jeder Mensch hat gewisse Dinge die ihm missfallen an der Gesellschaft, in der er lebt. Mich stört bspw. die m.E. sehr ausgeprägte Neidkultur in Luxemburg. Ich werde die also nach Herzenslust kritisieren. Natürlich mit dem Wunsch meine Mitmenschen zum Nachdenken zu bringen und ggf. Dinge zu verändern. Ich werde jedoch niemals Staatsgewalt vorschlagen um die Neidkultur auszurotten. Als Liberaler wehre ich mich grundsätzlich gegen jede Form von Etatismus, feministischer oder anderweitiger Natur.

2. Ideologische Bevormundung

Bei manchen FeministInnen hat man den Eindruck, dass für sie nur ein bestimmtes Bewusstsein das einzig Wahre und Richtige ist. Frauen, deren Lebensstil nicht zu diesem passt, werden nicht selten brutal angegangen. Jede Frau sollte jedoch das Recht haben so zu leben wie sie leben möchte und es ggf. im gegenseitigen Einvernehmen mit ihrem Lebenspartner beschlossen hat. Feminismus sollte also nicht hausfrauenfeindlich sein, wenngleich es natürlich eine Kernforderung bleiben muss, dass Kind und Karriere zusammen möglich sein sollen. Freie Familiengestaltung sollte wichtiger sein als irgendwelche Lohnstatistiken. Die Kernsphäre des Privaten (man denke nur an Fragen wie Intimrasur: ja oder nein?) sollte nicht weiter politisiert werden. Ob eine Frau sich rasiert oder nicht, ob sie sich schminkt oder nicht, ob sie ihre Brüste umoperieren lässt oder nicht, ob sie Stöckelschuhe oder ein Kopftuch trägt oder eben nicht, all dies ist irrelevant. Wichtig ist stets die Wahlfreiheit jeder Frau zu verteidigen (was natürlich nicht ausschliesst, dass man zusätzlich kritisch die Gründe für manches Verhalten hinterfragen mag. Hinterfragen bedeutet aber eben ein Gespräch suchen und eben nicht unliebsame Meinungen aus dem Diskurs verdrängen lassen). Dazu gehört übrigens auch die sexuelle Selbstbestimmung. Feministinnen sollten also auch die Rechte von SexarbeiterInnen verteidigen. Eine Frau kann selber entscheiden mit wem sie Sex hat oder nicht, zum reinen Vergnügen oder auch für Geld.

3. Männer- und Sexualfeindlichkeit

Manche Feministinnen kommen leider sehr männerfeindlich rüber. Männer werden in einem “genitalen Klassenkampf” einseitig abgewertet und besonders ihre Sexualität wird kritisiert. Es ist zwar unumstritten, dass manche Männer leider tatsächlich Grenzen überschreiten, die sie respektieren sollten, aber die große Mehrheit belästigt Frauen NICHT. Und die große Mehrheit hat auch keine Angst vor starken Frauen und will eine Beziehung auf Augenhöhe. Dass Männer im Schnitt einen ausgeprägerteren Sexualtrieb als Frauen haben, hat wohl evolutionsbiologische Gründe. Beide haben ein Recht auf ihre (natürliche) Sexualität.

7. Welche Änderungen im Feminismus würdest Du vornehmen, damit er für Dich „akzeptabler“ erscheint?

Verstärkt die “Schwesternschaft” mit marginalisierten Gruppen ausbauen. Sich bspw. für die Rechte von Transfrauen einsetzen, die nicht selten gemobbt werden. Für junge Frauen, vor allem aus anderen Kulturkreisen, die unter familiärer Repression leiden. Für die Inklusion von Behinderten. Für SexarbeiterInnen. Damit meine ich nicht nur Prostituierte, sondern alle Frauen die einen mehr oder weniger großen Teil ihres Lebensunterhaltes mit erotischen und sexuellen Dienstleistungen bestreiten. Wo blieb der Aufschrei im Falle Belle Knox? Eine junge Frau wird massiv bedroht und die Feministinnen schweigen? Etwa, weil sie den falschen Job ausübt und eine Agentin des Patriarchats ist?

Feministinnen sollten sich zudem für wahre Geschlechtergleichheit einsetzen, nicht im Sinne von Gleichmacherei, sondern im Sinne von “gleiche Rechte geniessend”, wie immer diese auch in der Praxis gelebt werden. Hier kann auch mit vernünftigen Maskulisten zusammengearbeitet werden, bspw. bei der Ausarbeitung des gemeinsamen Sorgerechtes in Scheidungsfällen oder bei der Abschaffung der (männerdiskriminierenden) Wehrpflicht (gibt es in Luxemburg zwar schon lange nicht mehr, in anderen Ländern werden aber immer noch junge Männer zwangseingezogen) um nur zwei prominente Beispiele zu nennen.

Im Grunde braucht es eigentlich keinen Feminismus und keinen Maskulismus, sondern nur ein (konsequentes) Eintreten für individuelle Grundfreiheiten und -rechte.

 

Dieser Kommentar erschien bereits auf “L for Liberty” und wurde uns vom Autor CK zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

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