Warum dem „normalen“ Bürger die Anti-Prostitutions-Kampagne nicht egal sein sollte

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Wie uns die Geschichte gelehrt hat (siehe hierzu zB „Sexsklaven und der Überwachungsstaat„) wirken sich die Gesetzgebungen, staatlichen Überwachungen und Kontrollen auch DIREKT auf alle Bürger eines Landes aus.

Spielen wir doch mal, was wäre wenn…

1. Die CDU plant und die Polizei fordert, jederzeit ohne begründeten Verdacht in Prostitutionsstätten (Begriff natürlich nicht genau definiert) eindringen und diese kontrollieren zu können.

Besonders geht es der Polizei hierbei um Wohnungen, wo sie bislang (aus gutem Grund!) keinen Zutritt haben.

Nun spinnen wir mal etwas weiter: Susanne K., alleinerziehende Mutter aus M., hat öfter mal Besuch von verschiedenen Männern. Warum auch nicht. Das beobachtet ein „aufmerksamer“ Nachbar* (den haben und kennen wir ja alle 😉 ) und meldet dies der Polizei mit der Verdachtsäußerung der Prostitution. Ergebnis: Die Polizei geht ihrer Pflicht nach und läuft ohne Vorwarnung in die Wohnung der (Nicht-Sexarbeiterin) Susanne K. ein. Morgens um 7.30 Uhr, während sie mit den Kindern gerade friedlich frühstückt oder mitten in der Nacht, während alle friedlich schlafen. Und die klingeln in der Regel nicht. Erfahrungen einiger Sexarbeiter zb zeigen uns heute schon, das die Polizei sich mittels eines Dietrichs Zugang verschafft und plötzlich in der Tür steht.

*Wahlweise kann die Meldung an die Behörden natürlich auch statt über den Nachbarn über Ex-Partner, Ex-Freunde etc geschehen… so liebe EX-xxx, die nur unser „bestes“ wollen, haben wir ja fast alle.

Wie gesagt: verdachtsunabhängig ist hier das Stichwort! Es braucht keinen richterlichen Beschluss und keine besondere Begründung mehr für dieses Vorgehen. Praktisch werden alle zum Freiwild auf Grund einer bloßen Behauptung!!!

2. CDU und Polizei fordern, ein Sondergesetz zu schaffen, welches ihnen ermöglicht, ohne richterlichen Beschluss Telefonanschlüsse (von Zuhältern… nochmals: ohne richterlichen Beschluss und ohne Beweise wohlgemerkt *haha) abzuhören.

Auswirkung: Daten und Gespräche ALLER Kunden und Sexarbeiter werden mitgehört und dokumentiert. Auch hier NOCHMAL der Hinweis: ohne richterlichen Beschluss und entsprechende Beweise kann JEDER in den Verdacht kommen und abgehört werden. Man kann es nicht oft genug betonen! Geplante Vorratsdatenspeicherung lässt grüßen. Damit hätten die bereits einen Fuß in eurer Privatsphäre.

3. Aktuell fordern CDU-Politiker in Krefeld, die Ausweitung der Video-Überwachung von öffentlichen Plätzen und längeren Speicherung dieser Daten. Wir können uns noch so sehr über Datenspeicherung etc aufregen: wenn solche Sondergesetze durchgewunken werden, werden wir alle zu gläsernen Bürgern deren Aufenthaltsorte polizeilich dokumentiert werden.

4. Insgesamt zielt das ganze natürlich auch auf die freie Sexualität und freie Partnerwahl ALLER Menschen ab. Demnächst dürfen wir dann nur noch machen, was mit den Moralvorstellungen der CDU konform geht. Das Mittelalter und die kirchliche Sexualmoral lassen grüßen. Man muss ja nur mal schauen, welchen Kampf nach wie vor die LGBT-Verbände führen und sich die CDU nach wie vor weigert, die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen.

5. An alle Vermieter von Wohnungen: Es ist wie bereits oben erwähnt noch zu klären, ab wann etwas als „Prostitutionsstätte“ gilt. Der bisherigen Definition nach fallen Vermieter von Wohnungen an Sexarbeiter dann auch unter den Begriff „Prostitutionsstättenbetreiber“. Es werden dann wohl auch die Vermieter erlaubnispflichtig (siehe Konzessionierung)?

6. Für MieterInnen: Gemäß Punkt 5 wird sich zukünftig wohl JEDER Vermieter genauestens überlegen, ob er eine Wohnung an Sexarbeiter vermietet… Worauf das hinaus läuft könnt ihr euch ja denken: Ihr werdet kaum bis keine Wohnungen mehr finden. Gemäß der Erfahrungen wird dies wiederum insbesondere alleinstehende Frauen treffen, die als Sexarbeiter tätig sind (oder auch nicht?) und eine private Wohnung suchen.

 

to be continued….

 

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Showing 2 comments
  • Susi Strolch
    Antworten

    Der Schuss kann auch nach hinten losgehen, dann, wenn alle rufen „ich habe abgetrieben“ äh, natürlich nicht. Darum twittern doch so viele und machen Sex im Netz und nehmen damit den Schlapphüten die Arbeit weg. Es müssen nur noch mehr werden.

    Aber klar: Der Artikel stimmt bis auf’s letzte i-Düpfelchen.

    Ich höre immer wieder über die Angst vor’m Outing. Lasst passieren was unvermeidlich ist und schlachtet jeden Fall aus und entblößt das perfide System. Wir sind nicht mehr in den 60ern. Wir sind im Internet Zeitalter.

    Sorry, ich kann einfach nicht meine Klappe halten. An was liegt das nur?

  • Georg Völkl
    Antworten

    Seit es keine Unterschriftenaktion mehr gibt „vereinsame“ ich etwas in Bezug auf mein Engagement. Kann mir jemand sagen ob es so was wie Szene Lokale schon gibt, wo sich Engagierte zwanglos treffen und über Sexarbeit reden können?

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