Sexarbeiter Wars: Episode II – Angriff der GroKo-Krieger

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Seit 32 Jahren arbeite ich als Sexworkerin und seit 24 Jahren bin ich Aktivistin. Ich habe überwiegend in Deutschland gearbeitet und  in den 80er Jahren verbotenerweise in der Schweiz.
Es wird immer behauptet Deutschland hat das liberalste Prostitutionsgesetz und böse Zungen zischeln giftig : „Great Germany ist das Eldorado der Bordelle“.

Wir haben zwar durch das ProstG von 2002 minimal Recht zugebilligt bekommen und der §180a „Förderung der Prostitution“ in „Ausbeutung der Prostitution“ umgewandelt. Aber nicht mehr und nicht weniger. Die völlige Entkriminalisierung, Mitte der 80er Jahre, die von der Hurenbewegung gefordert wurde, ist nicht erfolgt. 
Keinerlei Rechtssicherheit oder Berufsanerkennung hat sich für uns verwirklicht.
Noch heute haben wir 8 Sonderparagraphen im Strafrecht, dazu kommen Spezialregelungen in 8 Landespolizeigesetzen, die alle Menschen im Prostitutionsgewerbe kriminalisieren und ein Stigma aufdrücken. Ein Generalverdacht schwebt wie Damoklesschwert allzeit über unseren Köpfen.
Wenn man die heutige Berichterstattung über das Eckpunktepapier der CDU/CSU liest, welche als Grundlage für das 2. Prostitutionsgesetz dienen soll, habe ich Verständnis für all jene, die sich dem gegenüber am liebsten unsichtbar machen würden.

Links dazu:
http://taz.de/Massnahmen-gegen-Zwangsprostitution/!136410/
http://www.welt.de/politik/deutschland/article126717456/Union-will-Prostitution-erst-ab-21-erlauben.html
http://www.express.de/politik-wirtschaft/neue-bordell-gesetze–kondompflicht–verbot-von-flat-rate-sex-und-gang-bang-veranstaltungen,2184,26786766.html

Der Forderungskatalog im Überblick:

  • Die Kondompflicht (gibt es u.a. in Bayern und seit Kurzem auch im Saarland) soll bundesweit eingeführt werden.
  •  „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle in der Prostitution wie z.B. Flat-Rates, Gang Bang und Rape-Gang-Bang-Veranstaltungen“ werden verboten.
  • Bestrafung von Freiern bei „wissen –und willentlicher Inanspruchnahme von Zwangsprostituierten“
  • Das Mindestalter für legale Prostituierte soll von 18 auf 21 Jahren erhöht werden.
  • Erlaubnispflicht: Prostitutionsstätten müssen ordnungsbehördlich genehmigt sein.
  • Betretungs- und Kontrollrechte von Ordnungsbehörden und Polizei „verdachtsunabhängig“ Prostitutionsstätten betreten dürfen, Razzien sollen künftig also jederzeit und ohne Ankündigung möglich sein
  • Anmeldepflicht für Prostituierte (inkl. Krankenversicherungspflicht) Gewerbeschein oder Anmeldekarte , die man die Freier vorzeigen soll um zu beweisen, das man keine „Zwangsprostituierte“ sei.
  •  „Zuverlässigkeitsprüfung“ für Bordellbetreiber
  •  „Pflichtuntersuchungen durch das Gesundheitsamt, die nicht nur der medizinischen Vorsorge dienen, sondern Prostituierten, die in einer Zwangslage sind, auch eine niedrigschwellige Kontaktaufnahme zu helfenden Behörden oder Organisationen ermöglicht.“
  • Sicherer Aufenthalt in Deutschland für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution aus Drittstaaten, wenn sie im Strafverfahren mitwirken.
  • Ferner soll beim Verdacht auf Zuhälterei ein Richter eine Telekommunikationsüberwachung anordnen können
  • die Verurteilung von Menschenhändlern nicht mehr ausschließlich von der Aussage der Opfer abhänge
  • der geplanten Abschaffung des eingeschränkten Weisungsrechts.
  • ein eigenes „Prostitutionsstättengesetz“ auflegen

Ich und eine Vielzahl meiner Kolleginnen, wir haben in den vergangenen Jahren niemals eine, größere, persönlich Betroffenheit empfunden, aber auch den unbeugsamen Willen entwickelt, dieser Tendenz als lebendige, freiheitliche Menschen mit Mut und Entschlossenheit entgegen zu treten.

Hinter dem GroKO-Plan ist unschwer die Absicht zu erkennen, eine Eindämmung und Behinderung des Prostitutionsgewerbes herbei zu führen, insbesondere mit dem Ziel die freie Ausübung, die uns nach dem GG §12 zugesichert ist, auszuhebeln.
Ein lückenloses, flächendeckendes Kontrollorgan soll geschaffen werden,  dienlich der Abschreckung und letztendlich der Verunmöglichung unsere Arbeit. Es geht nicht darum, wie uns verkauft wird, um bessere Arbeitsbedingungen, denn dann würde man die gesetzliche Rahmenbedingen schaffen, wie es z.B.  Neuseeland  im Jahre 2003 umgesetzt hat.

Die Behörden, federführend die Polizei,  wollen auf diese Weise und ganz bewusst durch  ein angelegtes, realitätsfremdes  Genehmigungsverfahren die freie Berufswahl hinsichtlich der Prostitution weitgehends behindern, wenn nicht gar verunmöglichen.

Der Widerspruch ergibt sich aus der gesellschaftlichen, von Moral und Religion getragen Verachtung körperlichen Nähe, welches ein Outing bezüglich der Sexarbeit mit Nasen rümpfen belegt. Solange dieser bürgerliche Arroganz unsere Wirklichkeit missachtet, ist es unmenschlich und wie ein an den Pranger stellen, wenn man von uns eine Registrierung und damit ein Spießrutenlaufen erwartet.

Es ist doch gerade dieser selbstgerechte, bürgerliche Konsens, der uns zu jede Zeit gedemütigt, verfolgt und umgebracht hat. (siehe die Historie der Prostitution).
Bevor man von den Huren Mut und Offenheit erwartet, ist es unabdingbar, die eigene Feigheit und Doppelmoral auf den Prüfstand zu stellen.
Die Behauptungen, die geplanten gesetzlichen Neuerungen unserem Wohle und Schutz sehe ich persönlich als absurd und verlogen überführt.
Ich will, wie jede andere Bürger in diesem Land, Rechte und nicht entrechtet werden!
Only Right can stop der Wrongs.

Fraences aus Frankfurt a. M.

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