Prostitution ist (k)ein Gewerbe – ja was denn nu?

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Prostitution ist kein Gewerbe

… das hatte ich in den letzten beiden Jahren gelernt.
Auch im Entwurf zum neuen Prostituiertenschutzgesetz steht das sogar geschrieben, das Prostituierte kein Gewerbe anmelden können und das auch in Zukunft so bleiben soll (Schön wäre es ja, wenn wir als freiberuflich eingestuft würden).

Es ist nur IMMER noch Gang und Gäbe bei einigen Kommunen und Städten in Deutschland, das trotzdem genau dies von Sexarbeitern verlangt wird.

Gerade heute erst habe ich wieder am eigenen Leib erfahren, das leider sehr viel Unwissenheit innerhalb der Behörden herrscht und praktiziert wird, und möchte euch darüber berichten.

Folgende Situation:

Vor ein paar Jahren, als ich in die Sexarbeit einstieg, wollte ich natürlich brav meine Steuern zahlen, damit ich gut schlafen kann.

Ich googelte ein wenig rum und las irgendwo auf der Seite einer Beratungsstelle, das ich nur beim Finanzamt anrufen muss und die schicken mir dann eine Steuernummer zu. Mehr ist nicht nötig.

Ich also beim meinen zuständigen Finanzamt angerufen. Da erzählten die mir allerdings, das ich ein Gewerbe anmelden soll.

Shit.. okay.. ich mit viel Überwindung damals zum Gewerbeamt (ging leider nur persönlich) und eine Gewerbe für „persönliche und sachliche Dienstleistungen“ angemeldet *hust*

Dann klappte es auch mit der Steuernummer.

Zeitsprung… ins Jahr 2015!

Heute musste ich, weil ich gerade dabei bin, mich beruflich umzuorientieren, erneut ein Gewerbe anmelden.

Die Gelegenheit wollte ich nutzen und das damals fälschlicherweise angemeldete Gewerbe, das ja eigentlich vom Gewerberecht her ausgeschlossen ist, abzumelden.

Der Sachbearbeiter beim Gewerbeamt war suuuper nett, was es mir leichter machte offen zu sprechen (schade, das das nicht immer so geht).

Er war sogar recht gut informiert und meinte: So ein Quatsch, für Prostitution kann man kein Gewerbe anmelden.

Blöderweise erzählte ich ihm dann, das mir damals beim Finanzamt genau das aber so gesagt wurde.

Blöderweise weil… er dann dort anrief und nachfragte.  (Hätte ich das nicht im Nebensatz erwähnt, wäre ich diesen blöden Gewerbeeintrag jetzt wohl los)

Er rief also beim Finanzamt an. Und die Frau am Telefon erzählt ihm dann totalen Unfug. Nämlich folgendes:

  • Arbeitet man in einem Bordel oder so, also mietet quasi ein Zimmer für die Ausübung der Prostituiton, braucht man nur eine Steuernummer und keine Gerwebeanmeldung und man fällt direkt unter das „Düsseldorfer Modell„.
  • Arbeitet man so wie ich, also fährt man zu seinen Kunden hin, ja dann müsste man ein Gewerbe anmelden.

Selten so einen Blödsinn gehört!

Das Ende vom Lied: Leider glaubte der vom Gewerbeamt der Auskunft der Frau vom Finanzamt und mein Gewerbe, das eigentlich kein Gewerbe ist, wurde nicht ausgetragen 🙁

Warum ich euch das erzähle? Weil es mal wieder ein schönes Beispiel für den Irrsinn ist, der selbst nach dem Prostitutionsgesetz von 2002 noch immer in Deutschland existiert.

Das ist der Grund, warum total viele Frauen verunsichert sind und vieles so schief läuft.

Und ich denke mit Grauen an das kommende Bürokratiemonster „ProstituiertenSchutzGesetz“… wenn die selbst jetzt diese Kleinigkeit nicht einheitlich übermitteln können, wie soll das erst mit einem über 100 Seiten starken Gesetz werden???

 

Lesetipps hierzu:

Untersuchung „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes“ (hier speziell zum Thema Gewerberecht)

Das Düsseldorfer Verfahren – Besteuerung der Prostitution

Herbstsitzung 2009 des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“

Gewerberecht und Prostitutionsgesetz

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