Mythos Prostitution – Sexarbeiter zahlen alle keine Steuern?
Gibt es eine Sexsteuer?
- Das Düsseldorfer Verfahren: eine pauschale Steuervorauszahlung auf Einkommensteuer/Umsatzsteuer/Gewerbesteuer. Zuständigkeit: Steuerfahndung/Finanzämter
- Vergnügungssteuer ist eine kommunale Steuer-Zuständigkeit der Steuerämter.
Woher stammt das Düsseldorfer Verfahren (DV)?
Dafür gibt es BIS HEUTE weder eine rechtliche, noch eine gesetzliche Grundlage.
Da die betroffenen Sexarbeiter keinen offiziellen Steuerbescheid über ihre Beteiligung am DV erhalten, können sie logischerweise gegen einen nicht vorhandenen Bescheid auch keinen Widerspruch einlegen.
Wer ist für das Düsseldorfer Verfahren zuständig?
Laut § 208 Abgabenverordnung (AO) hat die Steuerfahndung nur dann in Aktion zu treten, wenn der Verdacht einer Steuerdelikts besteht.
Beim Prostitutionsgewerbe wird von vornherein ein Generalverdacht erhoben.
Wie funktioniert das „Düsseldorfer Verfahren“?
Sie führen „Sammellisten“ der am Verfahren teilnehmenden Frauen.
Darin werden die einzelnen Anwesenheitstage der Frauen in den jeweiligen Betrieben sowie Angaben zur Person (Name, Künstlername, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer bei Ausländerinnen etc.) erfasst, damit anschließend angeblich ein zweifelsfreier Personenbezug der einbehaltenen Beträge möglich ist.
Befreit die Beteiligung von eine jährliche Steuererklärung?
Im Nachhinein fordert nach Jahre später die Steuerfahndung dann Steuerbescheide ein, die dann nicht vorhanden sind. Es wird die Steuerschuld der Sexarbeiter geschätzt, und die so ermittelte Summe geht oft an jeder Realität vorbei.
Desweiteren müssen für zurück liegende Jahre Mietquittungen, Quittungen über die abgeführte DV, sowie sämtliche Geschäftsausgaben zusammen gesammelt werden. Was ein großes Problem darstellt. Da Betreiber nur über die Künstlername im Sammelformular haben oder gar nicht mehr aktiv sind oder sogar nicht gewillt sind nachträglich Quittungen auszustellen etc. Da die Betreiber ja, wie oben bereits erwähnt, nur Künstlernamen in den Sammelformularen stehen haben oder sogar auch gar nicht mehr aktiv sind oder der Betrieb den Besitzer gewechselt hat.
Kann man in allen Bundesländer an dem Verfahren teilnehmen?
Bremen, Hamburg,Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben das übliche Besteuerungsverfahren.
In Bayern hat die Steuerfahndungsstelle München in einigen Fällen die in bordellartigen Betrieben tätigen Prostituierte als Arbeitnehmerinnen beurteilt/eingestuft und von den Betreibern Lohnsteuer nachgefordert. Nürnberg ging von der Selbständigkeit aus.Dadurch ergibt sich ein Flickenteppich, der Probleme bereitet, da es durch die Mobilität der Sexarbeit zu einer unterschiedlichen Versteuerung innerhalb eines Jahres kommt. Oft können bezahlte Steuern aus dem einem Bundesland, dem zuständigen Heimatfinanzamt im anderen Bundesland nicht zugeordnet werden. Zumal wenn sie unter einem Künstlernamen abgeführt worden sind, über das Sammelformular eines Betreibers, der die Steuerbeträge nur unter einer Sammelsteuernummer abgeführt hat.
Wann muss die Steuer bezahlt werden?
In welcher Höhe?
Eine weitere Ungleichbehandlung passiert innerhalb eines Betriebes, denn selbst wenn eine Frau 500 Euro verdient und eine andere nur 50,00 Euro, müssen beide trotzdem die gleiche Steuervorauszahlung bezahlen.
Das ist doch genau das Gegenteil von Steuergerechtigkeit? Denn wer im Vergleich zu anderen niedrigere Einnahmen erzielt, wird durch die gleiche hohe Steuervorauszahlung systematisch benachteiligt.
- die in Teilzeit beschäftigten Frauen gegenüber Vollzeitprosttuierten
- Frauen mit Standardservice gegenüber solcher mit ausgefallenen Dienstleistungen
- Frauen, die innerhalb eines Jahres nur ganz sporadisch arbeiten und so unter dem jährlichen steuerlichen Grundbetrag fallen (bei Ledigen Grundfreibetrag 2014 beträgt 8.354 Euro) bleiben. Hier entstünde überhaupt keine Einkommenssteuerpflicht.
- Frauen, deren Jahresumsätze unter der Grenze von 17.500 Euro bleiben, da in solchen Fällen keine Umsatzsteuer fällig wird. Auch hier liegt ein Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Grundgesetz vor.
Wie wird die Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, Umsatzsteuer oder Gewerbesteuer angerechnet?
„In den meisten Ländern wurden die Vorauszahlungen ausschließlich auf die Einkommensteuer angerechnet. Lediglich in NRW undim Saarland ist eine Anrechnung der Vorauszahlung sbeträge auch auf die Unsatzsteuer vorgesehen.“
„Probleme entstanden, wenn Prostituierte die Anrechnung von Pauschalsteuern bei Finanzämtern in den Ländern verlangten, die das Düsseldorfer Verfahren nicht anwenden.“
Muss ich am DV teilnehmen?
Ist ein Betreiber berechtigt die Steuervorauszahlung von mir einzubehalten?
Welche Steuern muss ich zahlen?
- Enkommensteuerpflicht
Prostituierte, die selbstständig sind, versteuern Einkünfte aus Gewerbebetrieben (§15 Einkommensteuergesetz). Selbständig tätige Prostituierte sind grundsätzlich jährlich zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.
- Umsatzsteuerpflicht
Selbständig tätige Prostiuierte sind Unternehmer im Sinne des §Umsatzsteuergesetz, wenn diese die Kleinunternehmergrenze im §19 Umsatzsteuergesetz von 17.500 Euro Umsatz jährlich überschreiten. Hier ist dann zusätzlich der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19% des jährlichen Umsatzes fällig. In diesem Fall ist man für die Aufzeichnung seiner Einnahmen verpflichtet und müssen jährlich eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Außerdem muss man in den ersten beiden Jahren nach Unternehmensgründung monatliche , danach vierteljährlich Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben.
- Gewerbesteuer
Ab einen Gewinn von 24.500 Euro im Jahr sind Prostiuierte Gewerbesteuerpflichtig.
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 20.2.2013, GrS 1/12
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2013&anz=25&pos=1&nr=27824&linked=bes
- Vergnügungssteuer
Diese ist obendrein zu zahlen, wenn in auf kommunaler Ebene eine Vergnügungssteuer erhoben wird. Dies ist unterschiedlich in den Kommunen geregelt. In Köln zum Beispiel monatlich 150,00 Euro. Oder pro Arbeitstag 6,00 Euro. Unabhängig davon ob und wieviel verdient wird. Anderes Beispiel: In Bonn mit der umgebauten Parkuhr als Ticket vorab zu lösen auf dem Straßenstrich.
Schlussbemerkung:
Dies wäre eine erneute diskriminierende Ausgrenzung von Sexarbeit und eine verfassungsrechtliche Überprüfung wäre dringend erforderlich.