Hurenhass

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In den letzten Monaten werden wir vermehrt konfrontiert mit Anfeindungen, Verleumdungen, Beschimpfungen, Beleidigungen bis hin zum massenweisen Aufruf gegen uns Stimmung zu machen.

Hierbei werden ganz gezielt Sexarbeiterinnen (und auch Pro-Prostitution eingestellte Menschen und Organisationen) angegriffen, wir werden als dumm und/oder krank beschimpft, als „Zuhälter“ bezeichnet, und natürlich werden alle unsere Aussagen als Lügen abgewertet.

Wäre es nicht viel zielführender, wenn sich diese Personen ( so sie denn wirklich wollten) sich explizit um das Thema Menschenhandel und vor allem um die Opfer zu kümmern, statt sich nur noch mit uns Sexarbeitern zu beschäftigen? Aber das sie eben genau das nicht tun, zeigt klar und deutlich, dass das alles nur ein Vorwand ist und als Ausrede und Legitimation dafür herhalten soll, Prostituierte zu ächten und abzuschaffen, in dem Glauben dies würde ihr eigenes Leben verbessern.

Woher kommt dieser Hass gegen uns? 

Nun könnte man meinen, es wären zumeist Männer, die sich abfällig über uns äußern, Kunden die ihren Alltags-Frust bei uns auslassen. Behaupten die Prostitutionsgegner doch immer, dass gerade Männer/Freier den Sexarbeitern Gewalt antun und sie diskriminieren.

Aber nein, Hurenhass lassen uns zumeist Frauen spüren, unter dem Deckmantel des Feminismus und unter dem Vorwand „uns“ schützen und uns helfen zu wollen. Natürlich sind sie auch nicht gegen Prostituierte… Nö niemals nich… sie wollen uns nur abschaffen. (Aber auch da sind wir wohl zu dumm, und verstehen blöderweise den „Unterschied“ einfach nicht)

Sie tun also genau DAS, was sie immer den Männern unterstellen. Sie üben seelische Gewalt gegen uns aus und missbrauchen ihre vermeintliche (medienpräsente) Macht um uns Sexarbeitern zu schaden. Angeführt und aufgehetzt von Emma&Co. sind es ganze Gruppen, die sich zusammenfinden um gemeinsam Shitstorms gegen uns loszutreten und überall im Internet Unwahrheiten über uns zu verbreiten.

Ja sogar sektenartige Gruppierungen sind auf den Zug aufgesprungen um nun Mitglieder zu „rekrutieren“ und weitere Anhänger zu gewinnen und sich Gelder für ihre „Hilfsprojekte“ zu sichern, welche nachweislich auf Lügen basieren. Auch hier natürlich wieder nur zu unserem „Besten“ (siehe Interview Polizei Hamburg)

Hurenhass sorgt für weitere Stigmatisierung

Es ist schon pervers, das gerade diejenigen, die in uns so gern die Opfer sehen, sich darüber aufregen und uns beleidigen, wenn wir (es wagen) öffentlich zu widersprechen und klarstellen wollen, das die Dinge, die sie über uns verbreiten falsch sind.

So lange ich Sexarbeiterin bin, habe ich noch nie solch eine Gewalt durch einen Kunden erfahren. Im Gegenteil. Diese bringen mir Respekt und Achtung entgegen. Sie würdigen meinen Job und nehmen mich als vollen Menschen wahr.

Von den Gegner wird immer und immer wieder öffentlich behauptet, alle Sexarbeiter die sich zu dem Thema äußern würden sich selbst belügen. So behaupten sie gern, wir wären alle psychisch krank, selbst zu dumm zu erkennen, das wir ja „eigentlich darunter total leiden“. Wir werden lächerlich gemacht, man macht Witze über uns und meist dürfen wir gar nicht erst zu Wort kommen. Wir würden uns alles nur „schön reden“ und natürlich sagen wir das alles nur, weil wir selbst Zuhälter sind und nur an unser Geld denken.

Steter Tropfen höhlt den Stein… Es erinnert an die Propaganda-Maschinerie vergangener dunkler Zeiten. Oder an die Homophobie. Damals galt Homosexualität als Krankheit, die könne man heilen und alle Schwulen und Lesben sind selbst unfähig dies zu erkennen. Homosexuelle wurden gekündigt, ausgegrenzt, beleidigt und als Menschen 2. Klasse behandelt.

So ist es für die meisten von uns so, dass genau DAS die größte Belastung in unserem Leben und Arbeitsalltag darstellt. Die ständigen Anfeindungen und Diskriminierungen in der Öffentlichkeit der Rettungsindustrie. Immer wieder wie die „Sau durchs Dorf“ getrieben zu werden.

Es ist ja auch so herrlich einfach, sich im Internet wie zB auf Facebook und Twitter hinter falschen Namen zu verstecken und auf eine schwer stigmatisierte Gruppe Frauen verbal einzuprügeln. Witzigerweise werden die männlichen und transsexuellen Sexarbeiter ja immer total ausgeblendet, die sind für diese TriebtäterInnen praktisch nicht existent.

Triebtäter?

Ja, in meinen Augen sind es vom Hass gegen Huren getriebene TäterInnen.

(Dieser Hass richtet sich auch gegen Männer, dort aber nicht nur im Bereich Prostitution, sondern in sämtlichen die Gesellschaft betreffenden Themen.)

Volksverhetzung, (Cyber-)Mobbing, Verleumdung, Rufschädigung und üble Nachrede sind so weit ich weiß Straftatbestände. Und bei jeder anderen Gruppe von Menschen gäbe es einen großen Aufschrei in der Bevölkerung, Politiker und Medien. Wie zb gegen frauenfeindliche, rassistische oder homophobe Äußerungen.

Nur bei uns Huren, da darf man das!? Scheinbar. Denn wir haben deren Meinung nach ja keine Würde, keine Rechte und sind auf Grund schwerer sozialer und psychischer Probleme nicht ernst zu nehmen. Sie müssen uns ja „retten“. Da sich viele von uns nicht outen können, können wir uns auch kaum wehren.

Menschen ohne staatlich zugesicherte Rechte und Gleichbehandlung haben auch keinen Schutz.

Das genau SOWAS der Grund ist, warum wir um unsere Rechte und Anerkennung von sexuellen Dienstleistungen als Arbeit kämpfen, sollte doch eigentlich einleuchten.

Hurenhasser machen sich schuldig an unserer Situation und den sozialen Problemen vieler Frauen. Sie werten sich selbst auf indem sie uns schlecht machen und versuchen klein zu halten.

Nun habe ich mich oft gefragt, warum sie so einen Hass gegen mich und die vielen anderen Huren (und Männer) empfinden. Hass ist eigentlich ein reaktives Empfinden, das wir einem bestimmten Menschen entgegen bringen, meist weil uns dieser persönlich verletzt oder geschadet hat.

Beim Hurenhass handelt es sich deshalb wohl eher um charakterbedingten Hass oder um einen verschiebbaren Hass. Letzterer hat bereits im Nationalsozialismus dafür gesorgt, dass viele Menschen als Sündenböcke hergenommen wurden, obwohl sie mit der eigentlichen Situation nichts zu tun hatten. Ist ja auch egal, es war eine Minderheit, die sich kaum wehren konnte. Und der „Mob“ konnte sich daran abreagieren und war abgelenkt und beschäftigt.

So werden wir zb für deren eigene sexuelle Probleme, fehlende Partnerschaften, scheiternde Karrieren und angeblichen Sexismus verantwortlich gemacht.

Ähnlich ist es beim charakterbedingten Hass. Dieser löst aber obendrein noch ein Gefühl von Spaß und Befriedigung bei den Personen aus. Feindseligkeit als Freizeitbeschäftigung sozusagen. Und mit mehreren zusammen machts gleich doppelt soviel Spaß.

Insofern frage ich mich:

Wer schützt uns eigentlich vor diesen (Gut-)Menschen und deren fanatischen Ideologien?

Wann sorgt der Staat in dem ich lebe dafür, dass ich und alle anderen SexarbeiterInnen nicht weiter solchen Diskriminierungen und Anfeindungen hilflos ausgesetzt sind?

Wer sichert uns das Recht auf freie Meinungsäußerung, freie Berufswahl, eigene Sexualität und ein Leben frei von Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung zu?

Anbei noch eine kleine Collage mit Auszügen der Behauptungen, die die Prostitutionsgegner gebetsmühlenartig überall im Internet streuen. Zu finden überall öffentlich einsehbar, so das es auch jeder lesen kann. Und das ist nur ein winzig kleiner Auszug, den ich mal auf die Schnelle zusammengesucht habe.

(drauf klicken zum vergrößern)

Hurenhass Collage

Autor: Melanie, Sexarbeiterin

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