Eindrücke beim Protest gegen das Prostituiertenschutzgesetz

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Ich habe mich am Ende unserer Aktion kurz mit den Polizisten unterhalten, die meinten, sie haben das Vermummungsverbot nicht umgesetzt, weil ihnen bewusst ist und durch das, was durchs Mikro vorgetragen wurde, noch mehr bewusst wurde, dass Sexarbeiter_innen Stigmatisierung ausgeliefert sind und der Schutz vor Diskriminierung wichtiger ist – außerdem ging ja von uns auch nicht die Gefahr aus, dass wir eine Straftat begehen.
Ganz im Gegensatz dazu diese blöde Regierung, die hat ja dieses ProstSchG verabschiedet; und ich werde dabei soooo sauer auf Schwesig, Pantel, Lehrieder, der Schön und vor allem auch diesem verf**** Weinberg.

Mir ist davor draußen am Platz der Republik der Kauder übern Weg gelaufen. Der kam glaub ich grade von dem Foto-Shooting mit paar anderen CDUlern vor einem Anhänger, dass die Erfolge der CDU bei der Sexualstrafrechtsreform preist (haha wers glaubt wird selig!). Ich hab ihn dann auf das ProstSchG, dass bissl später auf der Tagesordnung stand, angesprochen. Der meinte als dann, er wäre ja eigentlich für das Verbot der Prostitution. Und ich fragte „So wie in den USA? Wo Sexarbeiter_innen in den Knast kommen nur weil sie anschaffen?“ Und er antwortete so „Nein, so wie in Frankreich.“ Und ich meinte in etwa „Ja nur blöd, dass die Freierbestrafung halt nie ohne die Kriminalisierung der Sexarbeiter_innen existiert!“

Bei meiner Antwort auf seine Frage, ob ich freiwillig anschaffen würde, habe ich irgendwas ironisch geantwortet was ich nicht mehr rekonstruieren kann und hab dann von meiner finanziellen Situation erzählt „Ich finanzier mir damit die Uni, weil ich kein Bafög mehr bekomme und kein Kindergeld. Weil meine Eltern nicht so viel Kohle haben und meine Mama im öffentlichen Dienst arbeitet“. Da rauschte er weg und lies noch den Kommentar fallen, den ich total daneben und respektlos fand: „Erzählen Sie mir keinen Schlonz!“ (das letzte Wort hörte sich zumindest wie Schlonz an). Volldepp. Dabei hätt ich schon noch gerne fertig erzählt, warum ich eigentlich anschaffen geh: Nach der Privatisierung, übernahm so eine Tochterfirma die ganzen MitarbeiterInnen, inkl meiner Mama, und wer mit den 20- 25% weniger Lohn nicht einverstanden war, wär hald nicht übernommen worden. Und gefragt, wieso solche ausbeuterischen Praktiken im Namen des kapitalistischen Profits denn erlaut sind und wie er das mit seinem evangelikalen Gewissen (https://de.wikipedia.org/wiki/Volker_Kauder#Religiosit.C3.A4t – die Evangelische Allianz ist evangelikal) vereinbaren kann, hätte ich auch sehr gern noch.

Dann tuckelte die Pantel daher, vom selben Fotoshooting kommend. Ich war grad dabei mich über das Gesetz zu beschweren, wo die mich mit strengen, nach unten zeigenden Finger drauf hinwies, dass ich mit ihr nicht in solchem Ton reden dürfte. Die holte doch tatsächlich ihren Geldbeutel raus und zeigte mir ihre Payback- und ihre Bankkarte und meinte, dass der Hurenausweis ja auch nichts anderes wär, als so ne Chipkarte – aber auch mit Chip. In dem Gesetz steht, dass das Chipkarten werden?! Das ist bisher total an mir vorbeigegangen.
Dann hat die Pantel mir allen Ernstes erzählt, dass der Hurenausweis ja gar nicht als solcher erkennbar sei… ich meinte dann so „Da steht das ja auch gewiss nicht drauf!“ was sie tatsächlich verneinte und dann meinte ich „Das hat auch sicherlich kein einheitliches Layout so wie das sonst so bei Behördendokumenten ist, sondern man kann sich wie bei Bankkarten selber das Layout aussuchen.“ Und Pantel bestätigte das.

Später im Bundestag:

Man darf auf der Besuchertribüne ja keine Beifalls- oder Missfallensbekundungen machen. Ich musste mich wirklich sehr zusammenreisen nicht dazwischen zu schreien, dass die Schwesig sich doch dann bitte gleich mal als erstes Registrieren sollte, wenn sie das ja ach so schützend und überhaupt nicht diskriminierend findet. Und bei dem Weinberg, dass man weder durch die Registrierung noch durch die Gesundheitsberatungen Deutsch lernt – klar ist man in einer vulnerableren Position, wenn man hier arbeitet ohne Deutsch zu sprechen, aber wieso finanzieren die denn keine Deutschkurse für migrantische Sexarbeiter_innen, die direkt im Bordell oder auf dem Strich abgehalten werden? Und ich musste mich auch wirklich zusammenreißen nicht waghalsigerweise von dieser verdammten Tribüne runter zu springen. Wie viele Meter das wohl sein mögen? 5? Vllt 6? Damit ich an das Mikro käme. Ich hätte so gerne gesagt, dass sie eine sehr wichtige Kernforderung von Sexarbeiter_innen schlicht nicht kapieren: Das wir Rechte brauchen. Und das brauchen nicht nur die privilegierten weißen deutschen Edelhuren, sondern gerade auch diejenigen, die unter scheiß Bedingungen in diesem Land arbeiten. Aber dieses Gesetz beschneidet stattdessen unsere Rechte…

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