Disqualifikation
Es ist klar, welche Strategie Alice Schwarzer und andere Prostitutionsgegner fahren:
Disqualifikation von Sexarbeiterinnen als ernstzunehmende Subjekte auf gleicher Augenhöhe.
Prostitutionsgegner bestehen darauf, dass alle Sexarbeiterinnen entweder Opfer von Menschenhandel sind, oder in der Kindheit Erfahrungen mit sexueller Gewalt gemacht haben. Was für eine Nachricht an alle Opfer sexueller Gewalt:
HAHA, ihr seid nicht mehr richtig im Kopf und dürft deshalb nicht mehr mitdiskutieren, nichtmal über euer eigenes Leben (ausser natürlich, ihr habt die gleiche Meinung wie ich- dann seid ihr Vorzeigeopfer und habt was wichtiges zu sagen). Und wenn dann eine Sexarbeiterin durch ihr Selbstbewusstsein so überzeugt, dass sie nicht mehr als bemitleidenswertes Opfer gelten kann, wird sie zur Täterin gemacht. Eine Menschenhändlerin und Ausbeuterin, die vom Leid der angeblich großen Massen von Zwangsprostituierten profitiert.
Keine Sexarbeiterin will, dass ihren Eltern unterstellt wird, sie hätten sie als Kind missbraucht oder dies geschehen lassen. Wenn man tatsächlich missbraucht worden ist, möchte man das nicht unter die Nase gerieben bekommen, immer und immer wieder. Niemand will öffentlich als psychisch krank abgestempelt werden, und wer tatsächlich psychische Probleme hat (wie angeblich ein Großteil der restlichen Bevölkerung), möchte erst Recht nicht von übergriffigen Küchenpsychologen entmündigt werden.
Und so werden weiterhin diese Vorurteile verbreitet, damit sich auch ja möglichst wenige Sexarbeiterinnen getrauen, öffentlich oder im Bekanntenkreis für sich selbst und ihre Rechte einzustehen. Bei Sexarbeit wirken diese Vorurteile im Vergleich zu anderen sexuellen Minderheiten wie Homosexuellen besonders gut. Homo- und Bisexuelle haben oftmals ihr Leben lang ihre sexuelle Orientierung. Sie sind daran gebunden und können nicht einfach „aussteigen“. Daher lohnt es für sie, zu kämpfen. Für viele Sexarbeiterinnen ist Sexarbeit aber nur ein Job. Etwas, das sie ein paar Jahre machen um ihre Familie zu ernähren, Schulden abzubezahlen, oder aus Abenteuerlust- um danach auszusteigen. Später weiss niemand, dass sie jemals Sexarbeiterinnen waren. Für diese Frauen bedeutet ein Outing, dass sie ihre bürgerliche Zukunft zerstören. Der Schaden eines Outings und Richtigstellung der Vorurteile ist für eine einzelne (ehemalige) Sexarbeiterin gross, der Nutzen klein. Schwarzer und Co. unternehmen alles, damit dies auch so bleibt. Und diejenigen Sexarbeiterinnen, die sich wehren, werden als Opfer oder Täterinnen disqualifiziert.
Autor: Sina