Die undankbaren Schützlinge
Ich bin keine Prostituierte, zumindest keine von denen für die das kommende „Prostituiertenschutzgesetz“ sein soll. Denn laut Aussage von Frau Högl von der SPD auf dem Sexarbeits-Kongress in Berlin („Keine von denen sitzt heute hier“) waren „richtige“ Prostituierte gar nicht anwesend… WTF?
Also man muss es sich mal auf der Zunge zergehen lassen… da sitzend weit über 200 Menschen, ein Großteil davon selbst Sexarbeiter, und dann muss man sich sagen lassen, man selbst wäre keine Prostituierte und nicht betroffen? Sorry, aber was sind wir denn dann? Und wozu überhaupt die ganze Diskussion, wenn man die Sexarbeiter selbst nicht ernst nimmt bzw sie und ihre Meinung nicht anerkennt. Und da wundert sie sich anschließend noch darüber, das die Situation so hoch kochte? Glaubt ihr eigentlich, wir sind doof?
Aber so lang wir uns alle ganz doll lieb haben und keine Kritik von uns kommt, dürfen wir als „Alibi-Prostituierte“ her halten. Nein, danke…
Es bricht dann wohl eine Welt zusammen, wenn man merkt, das Sexarbeiter sehr wohl eine eigene Meinung haben und diese auch noch frei äußern.
Von der ebenfalls anwesenden Frau Pantel von der CDU habe ich solche Sprüche ja erwartet, denn sie schwimmt ganz klar auf der Wellenlänge der moralingesäuerten Anti-Prostitutions-Bewegung und ist absolut nicht dazu bereit, etwas dazu zu lernen oder wirklich ein Gespräch mit uns zu suchen.
Ein wahrer Lichtblick waren übrigens die Meinungen von Frau Schauws (Die Grünen) und von Frau Möhring (Die Linke). Es geht also auch anders.. wenn man nur will und tolerant und respektvoll ist.
Vielleicht sollten sich die beiden anderen „Mitdiskutanten“ mal darüber Gedanken machen, warum die anwesenden Sexarbeiter so aufgebracht waren und offen ihren Frust zur Aussprache brachten.
Aber nein, man zieht lieber beleidigt den Kopf ein und ignoriert lieber die Meinung der Betroffenen selbst und beendet den Abend noch mit wüsten Drohungen.
Ja, Frau Högl, ich hatte mich auch auf den Abend gefreut und ich hatte mich gefreut, das sie daran teilnehmen. Und ich kann ebenso wie sie im nachhinein sagen: Ich habe mich in ihnen getäuscht. Sie haben leider nicht verstanden worum es geht. Und sie wollen es auch gar nicht wissen.
Ja, wir wollen gleich behandelt werden wie andere Berufe. Aber ehe man Prostituierte dazu zwingt, sich behördlich und anderswie zu outen, muss man erst mal dafür sorgen, das dies OHNE jegliche Ängste und Folgen geschehen kann. Unsere Ängste und Sorgen zu verniedlichen und als „Quatsch“ kleinzureden ist die Ignoranz der Tatsache, das wir nach wie vor stark stigmatisiert werden. Wenn sie uns helfen wollen, dann setzen sie sich doch erstmal für eine Entkriminalisierung sowie Entdiskriminierung ein! Uns sollte erstmal rechtlich zugesichert sein, das wir bei Jobsuche, Wohnungssuche etc gleichbehandelt werden müssen, wie andere auch. Solange das nicht geschieht ist alles andere heuchlerisch und man liefert uns ans offene Messer. Willentlich und wissentlich setzt man uns mit dem geplanten Gesetz diesem Outing aus.
Es wird doch noch erlaubt sein, diese Bedenken zu äußern. Ihr wollt doch selbstbewusste Sexarbeiter, die sich ihrer Rechte bewusst sind und gefahrlos arbeiten können? Oder sollen wir doch lieber schweigen und unsichtbar werden, damit die Koalition ihre Wähler befriedigen kann?
Aber was red ich.. ich bin ja keine richtige Prostituierte.. und habe nix zu melden.