Der Fall Artemis

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Ja, die Razzia am 13.04.2016 im Berliner Großbordell „Artemis“ hat für uns auf den ersten Blick wahnsinnig schlechtes Timing, da sie anscheinend die Richtigkeit des geplanten ProstituiertenSchutzGesetz unterstreicht. Wobei für die Regierung das Timing wiederum recht gut ist. Es ist zu beobachten das solche großen Razzien zufällig immer dann passieren, wenn das geplante Gesetz in neue Verhandlungsrunden geht. Ein Schelm, wer böses dabei denkt…

Wobei wir solchen Razzien und insbesondere dieser Razzia aber auch dankbar sind, denn gerade sie zeigen sehr gut auf, das eine geplante Anmeldepflicht (für Prostituierte) und Konzessionierung (Erlaubnispflicht nebst Auflagen für Betreiber) nicht die beste Wahl im Kampf gegen Menschenhandel sind. Siehe auch „Das ProstSChG – Ein diskriminierendes Sondergesetz

Anstatt Menschen in der Sexarbeit bei der Selbstorganisation und Schaffung von individuellen Arbeitsplätzen zu unterstützen wird die Arbeitssituation von selbständig tätigen Sexdienstleistern verschlimmert. Nicht genug, dass man Großbetreibern à la Artemis, Pascha und Paradise mit so einem Gesetz die Kontrollbefugnis über Sexdienstleister gibt, denn Betreiber müssen Anmeldung, Aufenthaltsdauer und andere Details festhalten und an die Behörden weitergeben. Man stärkt darüber hinaus Betreiber durch ein Gesetz, das es SexarbeiterInnen unmöglich macht, allein oder mit Kolleginnen organisiert in Apartments zu arbeiten (Erlaubnispflicht ab 2 Sexarbeitern), und treibt sie somit in die Hände von genau den Betreibern, die doch so vielen kommunalen Politikern ein Dorn im Auge sind – nur der Anblick, natürlich, nicht die Steuereinnahmen. Dieses Gesetz gibt vor, uns vor Fremdbestimmung schützen zu wollen, wird jedoch das genaue Gegenteil zur Folge haben: es wird den meisten von uns die Möglichkeit nehmen, selbstbestimmt und unabhängig arbeiten zu können. Außerdem fördern die Autorinnen, allen voran Ministerin Schwesig, immer wieder die „Mär des laissez faire“ für Prostitutionstätten und der armen Polizei, die ja gar nichts kontrollieren könnte. Ferner von der Realität geht es nicht. Vielmehr ist es ein Versuch, von der breiten Bevölkerung, sprich den Wählerinnen und Wählern, Zustimmung für diesen Entwurf zu gewinnen, anstatt ihnen zu erklären, warum 85 Millionen Euro jährlich für Maßnahmen locker gemacht werden sollen, die Sexarbeiterinnen nicht helfen, und den Kommunen, die eh schon knapp bei Kasse sind, erst recht nicht.

Das Artemis zahlte jahrelang „brav“ nach dem Düsseldorfer Verfahren, sprich man führte im Namen der dort tätigen Frauen eine pausche Steuervorrauszahlung direkt an das Finanzamt ab, man hat also jahrelang bereits Steuern entgegengenommen und Scheinselbständigkeit war wohl nie Thema) und hat auch sicherlich wie viele andere große Betriebe die Daten der SexarbeiterInnen brav und ordentlich an die Behörden weitergeleitet (das übliche: Ausweiskopie und Aufenthaltsdauer). Der Deal dabei ist einfach:

Du gibst mir Daten, wir lassen dich dafür in Ruhe und du brauchst keine ständigen Kontrollen fürchten.

Deswegen lassen sich Betreiber natürlich gern darauf ein, um Ruhe vor der Polizei und Razzien zu haben.

Hat es was gebracht? Nein.

Es brauchte scheinbar erst eine mutige aufgeklärte Frau die den Schritt zur Polizei wagt und Mitte 2015 Anzeige stellt (laut Medienberichten).

Laut Studien kommen 38 bzw 42,8 % Anzeigen durch die Opfer selbst zustande. Mutmaßliche Opfer sowie Dritte (Bekannte, Freier) lösten zusammengenommen 63 % (Herz) bzw. 67,3 % (Minthe) der Verfahren aus. Quelle, Seite 3, 2. Absatz

Insofern ist dieses Beispiel eben so perfekt für die Demonstration, das Anmeldepflicht und Erlaubnispflicht wenig Chance haben, Opfer von Menschenhandel aufzudecken.

Wir brauchen Aufklärung, Aufklärung und Aufklärung!

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Ebenso eine Europapolitik die Migration nicht erschwert und alle Mitgliedsstaaten die gleichen sozialen Vorraussetzungen erfüllen sollten. Armuts- und Zwangsprostitution hängen nah zusammen. Denn nur wer keine Rechte und Geld zum Leben mehr hat, gerät überhaupt erst in die Hände von Menschenhändlern und Zuhältern.

In diesem Sinne: Hurenrechte sind Menschenrechte.

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