Flatrate-Bordelle

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Als man damals das Prostitutionsgesetz geschaffen hat, war eines der Ziele, die Frauen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Natürlich nur mit einem eingeschränkten Weisungsrecht für den Arbeitgeber.

§ 1: „Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält.

So weit so gut, geht aber, wie wir wissen, an dem Wunsch nach selbständiger und unabhängiger Tätigkeit der meisten Sexarbeiter vorbei.

Nun haben sich im Laufe der letzten Jahre Flatrate-Clubs (wobei die gab es schon immer, hieß nur sonst Party-Treff, war/ist auch in manchem „Swinger-Club zu finden) entwickelt, die eben genau DIESES Ziel von damals umsetzen: 

Sexarbeiter erhalten eine feste vorab vereinbarte Summe Geld dafür, dass sie eine bestimmte Zeit im Club anwesend sind und „derartige Handlungen“ erbringen. Selbstbestimmt… denn nach wie vor gilt ja:

§ 3: „Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne desSozialversicherungsrechtes nicht entgegen.“

Die Frauen haben im Gegensatz zu anderen Modellen keine Risiken und Kosten. Sie brauchen nicht befürchten, Zimmermiete zu zahlen und mit einem Minus nach Hause zu gehen, sollte sich an dem Tag kein Gast für sie einfinden. Sie können sich sicher sein, am Ende des Tages mit Summe X den Laden zu verlassen.

JETZT wollen Politiker aller Parteien eben genau DIESES Modell verbieten?!?!

Ich muss gestehen… das kann ich nicht nachvollziehen.

Das einzige was bislang fehlt ist, dass die Betreiber keine Sozialversicherungsabgaben für die Frauen zahlen. Das könnte in dem Fall nachgebessert werden, je nachdem, wie viel eine Frau im Monat dort verdient. Ansonsten ist es schwierig, denn dann müsste man voraus setzen, das die Frau gewillt ist, dort über einen langen Zeitraum tätig zu sein. DAS widerspricht wiederum dem eingeschränkten Weisungsrecht sowie der sexuellen Selbstbestimmung. Insofern läuft es in Flatrate-Clubs doch wieder richtig, denn die Frauen werden dort pro Tag/Anwesenheit und nicht pro Monat bezahlt. Dies lässt ihnen nach wie vor die Möglichkeit immer wieder frei zu entscheiden. Sie sind nicht vertraglich verpflichtet, dort bleiben zu müssen bzw am nächsten Tag wiederzukommen.

Was das Thema Würde vs. Flatrate betrifft:

Ich kenne verdammt viele Frauen die da überhaupt kein Problem mit haben und diese Form der Sexarbeit sogar vorziehen. Sie haben nicht, wie sonst woanders, den Druck um Kunden werben/buhlen zu müssen. Es braucht keinen „Konkurrenzkampf“ unter den Frauen, denn wie gesagt… egal wieviele Kunden sie beglücken, sie gehen mit Summe X nach Hause. Und letztenendes muss JEDE SEXARBEITERIN die Möglichkeit haben frei entscheiden zu können, welche Form der Sexarbeit sie bevorzugt und womit sie sich am wohlsten fühlt.

Natürlich sollte Summe X nicht zu niedrig sein. Hier sollte der Gesetzgeber vllt überlegen, welches Honorar angemessen wäre und einen Mindestlohn auch in der Sexarbeit einführen.

Ebenso sollte man vielleicht angemessene Pausenzeiten einführen und vllt sogar das Mengenverhältnis Gäste zu anwesenden Sexarbeitern begrenzen. Ähnlich wie in anderen (Tanz)Clubs, Bars oder Diskotheken, wo auch nur eine gewisse Anzahl Gäste eingelassen wird und ab da der Türsteher die anderen entweder warten lässt oder wieder heim schickt. Aber auch da stellt sich mir wieder die Frage: Greift man damit in die Selbstbestimmung der Sexarbeiter ein? Denn rechtlich gesehen muss sie, wenn 20 Gäste anwesend sind nicht alle 20 bedienen und kann jederzeit Nein sagen. Die Entscheidung darf nur sie alleine tragen. Trotzdem wäre eine Besucherzahlbegrenzung auch ein weiterer Ansatz…

Just my 2 cents…

 

Melanie, Sexarbeiterin

 

 

 

 

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Comments
  • zszt
    Antworten

    „Ebenso sollte man vielleicht angemessene Pausenzeiten einführen “ Die gibt es schon, wenigstens in der Pauschalclub-Kette in NRW.

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